Delphine de Vigan: Die Kinder sind Könige

Delphine de Vigan wagt sich in in ihrem neuem Roman an ein umstrittenes und sogleich aktuelles Thema: Influenzer-Kinder. Welche Folgen hat deren öffentliches Leben, wie gehen sie damit um, dass die Öffentlichkeit (fast) alles über sie weiß und was sind die Gefahren. Hauptfigur ist die Mutter Mélanie, welche schon als junges Mädchen ein großer Fan von Formaten wie „Big Brother“ war. Sie wollte selbst auch unbedingt berühmt und beachtet werden. Als Mutter zweier Kinder zeigt sie ihren Alltag bei Youtube und hat damit den erträumten Erfolg. Ihre Kinder werden in allen Situationen gezeigt und jede Menge Werbung für z. Bsp. Spielzeug gemacht. Ihre Tochter Kimmy wird dieser „Arbeit“ immer überdrüssiger und verschwindet eines Tages.

Die Polizeibeamtin Clara soll Kimmy wiederfinden, ist aber zunächst entsetzt, wie viel über das Kind öffentlich bekannt ist und überdenkt ihre Ermittlungsmethoden. Insgesamt handeln im ganzen Buch nur recht wenige Personen, von Seiten der Polizei steht Clara im Mittelpunkt. Von ihr erfährt der Leser auch Details aus Ihrem Leben, die nicht unbedingt etwas mit der Aufklärung der möglichen Entführung zu tun haben. Erstaunt hat mich das Unwissende, was soziale Medien betrifft bei Clara, da sie selbst ja auch noch jung ist. Das kam mir etwas weltfremd vor. Die Frage allerdings, wie man einen Verdächtigen finden soll, wenn mehrere tausend Menschen durch eine Instastory gewusst haben, wo sich die Tochter aufgehalten hat, ist wirklich spannend und schockierend zugleich. Man fiebert der Auflösung entgegen, obwohl einem vor allem die Mutter Mélanie recht unsympathisch ist und man trotz des Verschwinden ihrer Tochter nicht so richtig mit ihr mitfühlen kann.

Sehr gut ist der Sprung der Geschichte ins Jahr 2031, bei der ein Ausblick und eine Idee davon zu bekommen ist, wie sich Influenzer-Kinder als Erwachsene fühlen, verhalten und wie sie rückblickend auf ihre Kindheit schauen.

Wer Romane von Delphine de Vigan kennt, wird hier nicht ganz so begeistert sein, da es sprachlich doch eher durchschnittlich daher kommt und die ganze Geschichte in meinen Augen etwas emotionaler hätte sein können. Nach anfänglicher Spannung wird es ein recht sachliches und oberflächlicheres Buch als man es sonst von der Autorin gewohnt ist. Nicht desto trotz ist das Thema natürlich ungemein wichtig, top-aktuell und gut umgesetzt. Vor allem der Ausblick auf 2031 konnte mich etwas versöhnen.

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