Ein kleines Büchlein das drei Lebensgeschichten von Frauen aus unterschiedlichen Lebenssituationen beleuchtet, ist „Der Zopf“ von Laetitia Colombani. Die drei Frauen leben in verschiedenen Ländern: Indien, Kanada und Italien. Im Laufe des Buches haben alle drei eine Verbindung zu Haaren und mit viel Fantasie gibt es eine Schnittstelle zwischen den Dreien. Colombani beschreibt eine begrenzte Zeit von den jeweiligen Frauen und vermag dabei den Leser in den Bann ziehen.
Wie fast zu erwarten, beschäftigt einen die Lebensgeschichte und Umstände des Lebens bei den 3 Frauen mit unterschiedlicher Intensität. Die indische Frau Smita ist Mitglied der untersten Kaste und sieht aus dieser kein Entrinnen. Aber ihre Tochter soll es besser haben und das beginnt damit, dass sie Lesen und Schreiben lernen soll. Die italienische Frau Giulia muss nach einem Unfall ihres Vaters dessen Fabrik übernehmen und stellt fest, dass die Perückenfabrik in ernsten wirtschaftlichen Schwierigkeiten steckt. Die dritte im Bunde ist die kanadische Karrierefrau Sarah, die Partnerin in einer Anwaltskanzlei ist und an Krebs erkrankt.
Durch die einfache Sprache und die klassischen kleinen Cliffhanger am jeweiligen Kapitelende kann man den Roman recht schnell und flüssig lesen. Die drei Frauen unterscheiden sich stark durch ihre Herkunft und Alter, trotzdem verbindet sie alle Stärke und Mut zur Verbesserung ihrer Lebenssitutaion. Es werden viele ernste Themen mit feministischen Hintergrund angesprochen. Besonders bewegend war für mich dabei die Situation der Inderin, die aus dem Kastensystem nicht entkommen kann und die Beschreibung der alltäglichen Vergewaltigungen. Einige kleinere Klischees wie über italienische Männer oder Karrierefrauen mischen sich in die Geschichte, sind aber im Großen und Ganzen verschmerzbar.
Im ganzen Buch stehen die Frauen im Mittelpunkt und deren Geschichte wird abwechselnd erzählt. Es gibt nicht den üblichen Liebeskitsch, nur bei Giulia gibt es hier eine Randgeschichte. Die Gesellschaftskritik, sei es am Kastensystem, der rücksichtslosen Arbeitswelt oder dem Nicht-Zu-Trauen, dass Frauen eine Firma erfolgreich führen können, kommt ohne erhobenen Zeigefinger aus. Alles wird harmonisch in den Roman gefügt und verbindet sich schließlich zu einem Ganzen. Für mich war neben der indischen Geschichte, die kanadische am „nächsten“, da ich selbst länger in so einer Arbeitssituation war. Die italienische Erzählung von Giulia war für mich etwas mau.
Alles in allem aber ein ganz bezauberndes, bewegendes und absolut empfehlenswertes Büchlein!